Montag, 27. April 2009

Prognosemodell zur Beurteilung der Antikörper-Partnerpipeline von Morphosys (Teil 3)

Ergebnisse:
Im Folgenden werden die Ergebnisse einer Simulation mit 5000 Simulationsläufen vorgestellt. Dazu wurden aus initial 5000 mal je 55 gegenwärtigen Ereignissen und je 165 angenommenen zukünftigen Ereignissen insgesamt 4.709.319 weitere Ereignisse errechnet und anschließend ausgewertet.

Wieviel Klinikstarts sollten in den kommenden Jahren erfolgen?
In den nächsten zwei Jahren sollten eigentlich mindestens 12 Projekte in die Klinik eintreten. Ansonsten sollten sich die jährlichen Klinikstarts bei ca. 15 gestarteten Projekten bei zwischen 4 und 5 einpendeln.


Wann ist mit den ersten Marktzulassungen zu rechnen? Wie hoch wird die Anzahl der erwarteten Produkte aus dem bestehenden und/oder zukünftigem Pipelinebestand sein?
Frühestens ist nach diesem Modell mit einer Vermarktung ab 2013 zu rechnen. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit hierfür nur bei 0,08%. Erst 2017 ist die kumulierte Wahrscheinlichkeit eines kompletten Klinikstarts bei über 100%, das heisst spätenstens in diesem Jahr sollte das erste Partner-Produkt vermarktet werden können.

Insgesamt sind mehr als 25 Projekte am Markt zu erwarten. Davon entfallen auf die bestehende Pipeline 8 Projekte und auf die zukünftig angenommenen Projektstarts 17 Projekte.

Wie hoch werden die Meilensteine in den kommenden Jahren sein?
Erst mit den Phase III und Zulassungs-Meilensteinen wird sich Morphosys bei gegebenen Annahmen vom derzeitigen Niveau im Bereich zwischen 8 und 13 Millionen Euro abkoppeln können.

Wie hoch wird das Royaltiepotential sein und ab wann spielen Royalties eine entscheidende Rolle?
Das größte Potential bieten die Royalties aus zukünftigen Produktverkäufen, wie man aus der Simulation gut ersehen kann. Allerdings brauchen die Royalties noch ca. 25 Jahre bis sie ihren Peak erreicht haben. Mit signifikanten Royalties ist zudem nicht vor 2020 zu rechnen.

Prognosemodell zur Beurteilung der Antikörper-Partnerpipeline von Morphosys (Teil 2)

Berechnungsalgorithmus:

1. Auflösung des Projektstandes
Projekte, bei denen das exakte Start-Datum bekannt ist, wie z.b. die Phase II Projekte, werden mit exaktem Startdatum geführt und mit diesem exakten Termin wird auch weiter gerechnet. Ausnahme: Roche-Phase I, die schon länger dauert als die maximal angenommene Dauer einer Phase I und dadurch im Modell ein Start-Datum für Phase II in der Vergangenheit errechnet würde. Für die restlichen Projekte wird auf Basis des Pipelinestands und des Meldedatums für jedes einzelne Projekt ein Startdatum ermittelt, der aggregierte Pipelinestand wird somit aufgelöst in einzelne Projekte. Diese Ermittlung erfolgt so: Je Phase in der sich das zu betrachtende Projekt befindet wird per Zufallsgenerator ein Wert zwischen Minimum und Maximum der jeweiligen Projektdauer ermittelt und dieser Wert durch zwei geteilt. De facto wird also angenommen, dass im Schnitt des Pipelinestandes jeweils die Hälfte der Phase schon durchlaufen ist.

Beispiel:
Projektstand 31.12.2008: 2 Projekte in der Präklinik

Auflösung in
1 Projekt A, Start-Datum Projektstand minus (Zufallswert zwischen 18 und 42 Monaten, z.b. 22 Monate)/2 = 31.01.2008
1 Projekt B, Start-Datum Projektstand minus (Zufallswert zwischen 18 und 42 Monaten, z.b. 36 Monate)/2 = 31.12.2008 minus 18 Monate = 02.07.2007


2. Berechnung der Entwicklungsphasen, Zuordnung von Meilensteinen
Aufgrund der Rückrechnung der Projektstände kann es vorkommen, dass das Modell Projektstarts in der Vergangenheit errechnen würde. Für diesen Ausnahmefall wird das Startdatum korrigiert und auf das aktuelle Systemdatum plus 100 Tage gesetzt. Für die allgemeine Berechnung in den Entwicklungsphasen gilt: Gemäß den Erfolgswahrscheinlichkeiten wird zuerst geschaut, ob das Projekt in der aktuellen Phase überhaupt den Übergang in die nachfolgende Phase schafft oder stirbt. Dazu wird ein gleichwahrscheinlicher Zufallswert zwischen 0 und 1 errechnet und dieser von der Erfolgswahrscheinlichkeit der Phase abgezogen. Ist der Wert größer 0, dann schreitet das Projekt voran, andernfalls stirbt das Projekt in der aktuellen Phase. Gestorbene Projekte werden von der weiteren Fortberechnung in die nächste Phase ausgeschlossen und nicht weiter betrachtet. Jedes erfolgreich im Modell fortgeschrittene Projekt wird nun gemäß den Entwicklungsphasen in die Zukunft fortgeschrieben. Dabei wird ein neuer Datensatz generiert und als Startdatum der Folgephase per Zufallsgenerator ein gleichwahrscheinlicher Zufallswert zwischen minimaler und maximaler Dauer der Vorgänger-Phase errechnet und dem Projekt zugeordnet. Für Phasen in die neu eingetreten wird, wird -sofern für den Phaseneintritt vorgesehen- ein Meilenstein zugeordnet.

Beispiel (Fortsetzung):
Projekt A in Präklinik, Start-Datum 31.01.2008
Projekt B in Präklinik, Start-Datum 02.07.2007

Präklinik:
Projekt A scheitert in Präklinik (0,7 - Zufallswert zwischen 0 und 1, hier z.b. 0,8 = -0,1), Projekt ist gestorben
Projekt B absolviert Phase Präklinik erfolgreich
(0,7 - Zufallswert zwischen 0 und 1, hier z.b. 0,3 = 0,4), Start-Datum Phase I = Start-Datum Präklinik (02.07.2007) plus Zufallswert wischen 18 und 42 Monaten, z.b. 29 Monate = 30.11.2009

Phase I:
Meilensteinzahlung bei Eintritt: 1,3 Mio EUR.
Projekt B absolviert Phase I erfolgreich
(0,7 - Zufallswert zwischen 0 und 1, hier z.b. 0,65 = 0,05), Start-Datum Phase II = Start-Datum Phase I (30.11.2009) plus Zufallswert wischen 12 und 36 Monaten, z.b. 26 Monate = 30.01.2012

Phase II:
Meilensteinzahlung bei Eintritt: 0 EUR.
Projekt B absolviert Phase II erfolgreich (0,7 - Zufallswert zwischen 0 und 1, hier z.b. 0,1 = 0,6), Start-Datum Phase III = Start-Datum Phase II (30.01.2012) plus Zufallswert wischen 18 und 42 Monaten, z.b. 28 Monate = 31.05.2014

Phase III:
Meilensteinzahlung bei Eintritt: 3,5 Mio EUR.
Projekt B absolviert Phase II erfolgreich (0,75 - Zufallswert zwischen 0 und 1, hier z.b. 0,7 = 0,05), Start-Datum Zulassung = Start-Datum Phase III (30.05.2014) plus Zufallswert wischen 24 und 48 Monaten, z.b. 32 Monate = 28.01.2017

Zulassung:
Meilensteinzahlung bei Eintritt: 0 Mio EUR.
Projekt B absolviert Phase Zulassung erfolgreich (0,65 - Zufallswert zwischen 0 und 1, hier z.b. 0,5 = 0,15), Start-Datum Phase Verkaufsstart= Start-Datum Phase Zulassung (28.01.2017) plus Zufallswert wischen 9,6 und 14,4 Monaten, z.b. 10 Monate = 28.11.2017

Verkaufsstart:
Meilensteinzahlung bei Eintritt: 4,5 EUR.
Projekt B absolviert Verkaufsstart erfolgreich (100% Erfolgsschance), Start-Datum Verkaufsstart= Ende-Datum Phase Verkaufsstart (28.11.2017) plus Zufallswert wischen 4 und 12 Monaten, z.b. 5 Monate = 29.04.2018

3. Berechnung der Verkaufsphasen, Umsätze und Royalties
Für jedes Projekt, das im Modell in den Verkauf gelangt wird eine von 10 verschiedenen Verteilungskurven zugeordnet und die Verkäufe der nächsten 20 Jahre ab Verkaufsstart eingetragen. Der erste Umsatz wird im Modell ein halbes Jahr nach dem Verkaufsstart registriert und dem Jahr zugeordnet in das es fällt. Somit kann der errechnete Verkaufsstart in einem anderen Jahr vor dem Jahr liegen in dem die ersten Umsätze registriert werden.

Beispiel (Fortsetzung):
Projekt B geht am 29.04.2018 in den Verkauf (s.o.)
Es wird der Verteilungskurve mit 100Mio USD Peaksales zugeordnet.
Produkt B setzt 2018 3 Mio USD um. Morphosys erhält 0,1 Mio USD Royalties.
Produkt B setzt 2019 8 Mio USD um. Morphosys erhält 0,4 Mio USD Royalties.
Produkt B setzt 2020 13 Mio USD um. Morphosys erhält 0,7 Mio USD Royalties.
Produkt B setzt 2021 21 Mio USD um. Morphosys erhält 1,1 Mio USD Royalties.
Produkt B setzt 2022 40 Mio USD um. Morphosys erhält 2,0 Mio USD Royalties.
Produkt B setzt 2023 57 Mio USD um. Morphosys erhält 2,9 Mio USD Royalties.
Produkt B setzt 2024 75 Mio USD um. Morphosys erhält 3,7 Mio USD Royalties.
Produkt B setzt 2025 84 Mio USD um. Morphosys erhält 4,2 Mio USD Royalties.
Produkt B setzt 2026 93 Mio USD um. Morphosys erhält 4,7 Mio USD Royalties.
Produkt B setzt 2027 100 Mio USD um. Morphosys erhält 5,0 Mio USD Royalties.
Produkt B setzt 2028 93 Mio USD um. Morphosys erhält 4,7 Mio USD Royalties.
Produkt B setzt 2029 87 Mio USD um. Morphosys erhält 4,3 Mio USD Royalties.
Produkt B setzt 2030 83 Mio USD um. Morphosys erhält 4,1 Mio USD Royalties.
Produkt B setzt 2031 73 Mio USD um. Morphosys erhält 3,7 Mio USD Royalties.
Produkt B setzt 2032 63 Mio USD um. Morphosys erhält 3,1 Mio USD Royalties.
Produkt B setzt 2033 53 Mio USD um. Morphosys erhält 2,7 Mio USD Royalties.
Produkt B setzt 2034 45 Mio USD um. Morphosys erhält 2,3 Mio USD Royalties.
Produkt B setzt 2035 36 Mio USD um. Morphosys erhält 1,8 Mio USD Royalties.
Produkt B setzt 2036 29 Mio USD um. Morphosys erhält 1,5 Mio USD Royalties.
Produkt B setzt 2037 23 Mio USD um. Morphosys erhält 1,1 Mio USD Royalties.
Intern wird mit EUR gerechnet und einem Umrechnungskurs von 1,33 USD/EUR.

4. Simulation
Der komplette Projektstand wird mehrere 1000 male durch das Modell gejagt um Zufallseffekte auszugleichen.

5. Statistik
Aus den errechneten Daten und dem Mittel über die vielen Läufe lassen sich diverse Aussagen treffen:
  • Wieviel Klinikstarts sollten in den kommenden Jahren erfolgen?
  • Wann ist mit den ersten Marktzulassungen zu rechnen?
  • Wie hoch werden die Meilensteine in den kommenden Jahren sein?
  • Wie hoch wird das Royaltiepotential sein und ab wann spielen Royalties eine entscheidende Rolle?
  • Wie hoch wird die Anzahl der erwarteten Produkte aus dem bestehenden und/oder zukünftigem Pipelinebestand sein?
(wird fortgesetzt)

Freitag, 24. April 2009

Erster Medarex Antikörper in USA zugelassen

Am 24.4. ist es nun passiert: Der erste aus der Medarex Ultimab Technologie stammende Antikörper ist in den USA durch die FDA zugelassen worden. Sein Name: Simponi bzw. der Name des Antikörpers ist Golimumab.

Simponi gesellt sich damit in die Reihe der erfolgreichen anti-TNF-alpha Medikamente Remicade, Enbrel und Humira, allesamt Multimilliarden-Blockbuster gegen bestimmte Autoimmunerkrankungen. Simponi wurde in gleich drei Indikationen zugelassen: moderater bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis, aktiver psoriatrischer Arthritis und aktivem Morbus Bechterew.

Dabei wird Simponi neben sehr guten Wirksamkeitsdaten und einem für einen anti-TNF-alpha üblichem Sicherheitsprofil einen entscheidenen Vorteil gegenüber seiner Konkurrenz haben: Simponi muss nur einmal im Monat verabreicht werden, während die Konkurrenz alle zwei Wochen oder wöchentlich gespritzt werden muss.

Medarex dürfte für Verkäufe von Simponi ca. 3% Royalties erhalten. Das mit Simponi am ehesten vergleichbare am Markt befindliche Produkt Humira, ebenfalls ein vollhumaner anti-TNF-alpha Antikörper, hat im ersten Quartal 2009 einen Umsatz von 1,024 Milliarden USD erzielt, was auf Gesamtjahressicht eine Summe von über 4 Milliarden USD erwarten lässt.

Simponi wird noch einige Jahre benötigen um in diese Dimensionen vordringen zu können, aber dann dürfte allein dieses Produkt ein Großteil des derzeitigen Medarex-Cashburns abdecken können.

Zevalin - vom großen Misserfolg zum kleinen Erfolg?

Radioimmuntherapie ist bisher keine Erfolgsstory. Dafür gibt es Gründe. Dies könnte sich aber bald ändern. Hierfür gibt es ebenfalls Gründe.

Anders als Chemotherapie, bei der zur Krebsbekämpfung unspezifisch alle sich in Teilung befindenden Zellen geschädigt werden, zielt Radioimmuntherapie spezifisch gegen eine ausgewählte Zellart. Monoklonale Antikörper sind wie dazu geschaffen Finder der gesuchten Oberflächenstruktur und Träger der radioaktiven Fracht zugleich zu sein.

Zevalin (Ibritumumab-Tiuxetan) ein muriner, mit einer radioaktiven Fracht (Ytrium 90, ein radioaktives Isotop) konjugierter monoklonalen Antikörper gegen das Zielmolekül CD20 wird hierbei gegen Non Hodgkin Lymphome (eine bestimmte Form von Lymphdrüsenkrebs) eingesetzt.

Während normale Antikörper gegen CD20 (Rituxan) ebenfalls in der Bekämpfung von Non Hodgkin Lymphomen eingesetzt werden, hat der Konjugatantikörper einen entscheidenen Vorteil. Durch den sogenannten Kreuzfeuereffekt werden auch für den Antikörper schlecht zugängliche Tumorzellen, wie z. B. Lymphomzellansammlungen in den Lymphknoten, durch die Strahlung erfasst und vernichtet. Die Bestrahlungsintensität ist durch die spezifische Therapie ein vielfaches geringer als eine externe Bestrahlung ganzer Körperbereiche.

Zevalin wurde in USA 2002 in Zweit- bzw. >=Zweitlinientherapie für follikuläres Non Hodgkin Lymphom zugelassen. Der war hier in Tests klar wirksamer als Rituxan.

Aus folgenden Gründen wurde Zevalin aber in USA nie ein kommerzieller Erfolg (die Rechte in Europa und dem Rest der Welt außer USA besitzt Bayer-Schering):
  • Zevalin darf nur in Spezialkliniken von speziell geschulten Radiologen verabreicht werden
  • es ist ein spezieller Scan vorgeschrieben um zu verhindern, dass die radioaktive Substanz sich an bestimmten Stellen im Körper oder in Organen besonders anreichert
  • die Rückerstattung der Kosten durch die Krankenkassen ist sehr intransparent und gab den Ärzten das Gefühl mit der Verschreibung von Zevalin Geld zu verlieren
  • die Meinung unter Ärzten ist verbreitet, dass nach Zevalin-Verabreichung Rituxan nicht mehr wirkt und somit Zevalin zur allerletzten Behandlungsmethode degradiert wurde
  • der Vorbesitzer BiogenIdec hatte kein kommerzielles Interesse Zevalin in Konkurrenz zu seinem Blockbuster Rituxan zu vermarkten
  • Zevalin ist bisher in einer nur sehr kleinen Indikation zugelassen
Zevalin konnte sich in keinem Jahr seit Zulassung in USA mit mehr als 20Millionen USD umsetzen. Im Jahr 2007 wurde Zevalin dann von BiogenIdec an Cell Therapeutics auslizensiert. Aufgrund finanzieller Nöte und ohne große Marketinganstrengungen brach der Umsatz weiter auf knapp über 11 Mio USD in 2008 ein.

Ende 2008 und Anfang 2009 übernahm Spectrum Pharmaceuticals die vollständigen Rechte in USA zum Vertrieb von Zevalin. Dabei wird Spectrum die bereits von Cell Therapeutics erkannten Hürden angehen, um die Verkäufe zu steigern. Folgende Versuche werden unternommen:
  • Bemühung die Anforderung des Scans, der in Europa nicht benötigt wird, in Absprache mit der FDA zu entfernen
  • Änderung der Kostenrückerstattung hin zu einem System, dass einen prozentualen Aufschlag auf die enstehenden Kosten vorsieht
  • Stärkung des Vertriebs
  • Ausweitung der Indikation auf Erstlinienkonsolidierungstherapie
Mithilfe der von Bayer-Schering durchgeführten FIT Studie wurde nachgewiesen, dass Zevalin als Konsolidierungstherapie zu einer beliebigen Erstlinientherapie gegen Non Hodgkin Lymphom die Erfolge der klinischen Remissionen erheblich erhöhen und das progressionsfreie Überleben erheblich verlängern kann. Die erweitere Beobachtung der Studienteilnehmer zeigte zudem, dass die Patienten auch nach Verabreichung von Zevalin in späteren Therapien auf Rituxan ansprechen.

In Europa ist die Erstlinien-Konsolidierungstherapie, die einen stark vergrößerten Patientenkreis ansprechen kann, bereits in 2008 zugelassen worden. Ein entsprechender Zulassungsantrag für diese Indikation wurde auch von Spectrum Pharmaceuticals in USA gestellt. Das Entscheidungsdatum für die Zulassung ist der 2.7.2009.

Obwohl Zevalin ein Antikörper muriner Herkunft ist und somit das Sicherheitsprofil nicht so gut ist wie bei einem humanisierten oder vollhumanen Antikörper, dürfte eine Zulassung aufgrund der überragenden Wirksamkeits-Daten recht wahrscheinlich sein.

Somit könnte mit der erweiterten Zulassung und der Beseitigung einiger weiterer Hindernisse, wie sie oben beschrieben wurden, aus der Geschichte von Zevalin doch noch eine kleine Erfolgsgeschichte werden.

Erfolgschancen für ipilimumab (MDX-010)?

Medarex Inc, eine Firma zur Erforschung, Entwicklung und potentieller Vermarktung vollhumaner Antikörpermedikamente benutzt im Gegensatz zu Morphosys, welches Antikörper über seine Phage-Display Bibiliothek gewinnt, transgene Mäuse zur Gewinnung von humanen Antikörpern. Es hat dazu die sogenannte UltiMab Technologie entwickelt.

Obwohl Medarex eine noch weit größere und fortgeschrittenere Partnerpipeline als Morphosys besitzt, hängt ihr Erfolg in kurzer Zeitfrist erheblich vom Erfolg ihres mit Brystol Myers Squibb entwickelten Krebsantikörpers ipilimumab ab. Ipilimumab ist ein Antikörper, der mit Blockade des Zielmoleküls CTLA-4 eine natürliche Bremse im Immunsystem gegen die Bekämfung von Krebs lösen soll und somit zu einem verlängerten Überleben in allen möglichen Krebsarten führen soll.

Derzeit wird ipilimumab in Verbindung mit einem Chemotherapeutikum DTIC in 1st line Stage III und IV Melanoma (also sehr kranke Patienten mit einer geringen Lebenserwartung) gegen DTIC alleine getestest. Die Ergebnisse werden Ende 2009 erwartet.

Die Frage dabei ist: Ist 1st line advanced Melanoma DTIC plus ipiliumumab 10mg besser als DTIC alleine?

Nimmt man Overall Survival Daten aus zwei kleineren Phase II Studien in 2nd line advanced Melanoma (Grafik unten plus von mir eingezeichnet) und historischem DTIC aus denen man schliessen könnte, dass
  • DTIC plus ipilimumab 3mg möglicherweise besser wirkt als ipilimumab 3mg alleine (study MDX-10-08)
  • ipilimumab 10mg besser wirkt als ipilimumab 0.3mg oder 3mg (study 022)
  • alle ipilimumab Dosierungen besser wirken als DTIC historisch (diese Aussage allerdings sehr fraglich).
Daraus könnte man schließen, dass auch DTIC plus ipilimumab 10mg besser als DTIC alleine wirkt, da ipilimumab 10mg den besten Effekt aufweisen konnte und auch keine gegenseitige Hemmung von DTIC und ipilimumab in study MDX-10-08 gefunden werden konnte - im Gegenteil. Dennoch muss man ob der Ergebnisse der teils unverblindeten und in der Patientenauswahl unterschiedlichen Studien vorsichtig sein. Zudem geht es in der 1st line Studie darum statistische Signifikanz aufzuzeigen, wofür die 1st line Studie mit nur 500 Patienten eventuell underpowered sein könnte. Es könnte am Ende also ein positives Ergebnis vorliegen, dies aber nicht statistisch signifikant sein. Ein Grund zur Ablehnung durch die Zulassungsbehörden.

Es bleibt spannend und der große Börsen-Erfolg oder Misserfolg von Medarex auf kurz- und mittelfristige Sicht hängt erst mal an dieser einen Studie. Showdown gegen Jahresende. Aber auch ohne erfolgreiche Studienergebnisse sollte das Überleben von Medarex aufgrund der prall gefüllten Pipeline und der erwarteten Royalies bei vollständiger Zulassung der Produkte Stelara und Simponi nicht gefährdet sein.

Prognosemodell zur Beurteilung der Antikörper-Partnerpipeline von Morphosys (Teil 1)

Ziel des Modells:


  • Überprüfung der Angaben von Morphosys und des Firmenerfolgs der Partnerpipeline.


  • Prognose der Klinikstarts, Meilensteine, Marktstarts und Verkäufe auf Basis der Angaben von Morphosys und erweiterten Annahmen


  • Falsifizierung oder Verifizierung der Angaben von Morphosys


Grundlagen:
Die Morphosys AG stellt als Dienstleister Pharmaunternehmen ihre proprietäre HUCAL Plattform zur Generierung und Optimierung vollhumaner Antikörper zu Verfügung. Gegen Lizenzzahlungen, Meilensteine und Royalties forschen die Pharmapartner an neuen Medikamentenkandidaten. Die Kosten der Medikamentenentwicklung werden dabei vollständig von den Pharmapartnern übernommen. Die Partnerpipeline bestand am 31.12.2008 aus 2 Antikörperprogrammen in Phase II, einem Antikörperprogramm in Phase I, 23 Projekten in der Forschung und 29 Projekten in der Präklinik.

Für diese inzwischen recht prall gefüllte Partnerpipeline und künftige Projektstarts prognostizierte Morphosys zum Jahresanfang 2009 auf Basis ihrer eigenen Annahmen mindestens 17 Projekte, die aus der Morphosys-Partnerpipeline an den Markt gelangen sollen.

Es wurde ein Simulationstool zur statistischen Ermittlung der Meilensteine, Meilensteinhöhen der zukünftigen Jahre und zukünftiger Anzahl Produkte am Markt auf Basis von Angaben von Morphosys und ergänzender Annahmen entwickelt. Dieses Simulationstool soll hier ausführlich vorgestellt werden.

Das Simulationstool simuliert dabei mit Hilfe eines Berechnungsalgorithmus und auf Basis von Annahmen und Zuhilfenahme eines Zufallsgenerators mehrere 1000e Male das beschriebene Realitätsmodell, um statistische Fehler auszugleichen und die entsprechenden Erwartungswerte zu erhalten. Die Simulation basiert somit auf dem Ansatz einer Monte-Carlo Simulation.

Grundannahmen:

  • Entwicklungsdauern: Auf Basis der Angaben von Morphosys für die durchschnittliche Entwicklungszeit von Antikörpern in Forschung und Präklinik für vollhumane Antikörper (ca. 4,5 Jahre) und Erfahrungen über die Entwicklungszeiten für therapeutische Antikörper in der Klinik werden minimale und maximale Dauern angegeben. Ein Zufallsgenerator errechnet je einzelnem Projekt und je einzelner Phase einen Zufallswert zwischen dem minimalen und maximalen Wert der Phase.



  • Erfolgs-Wahrscheinlichkeiten: Wahrscheinlichkeit des Übergangs von der Phase in die nächste. Für jedes einzelne Projekt wird in jeder noch aktiven Phase berechnet, ob eine Einstellung zur nächsten Phase hin erfolgt oder ob das Projekt weiter voranschreitet. Projekte, die diese Hürde nicht überstehen werden nicht weiter betrachtet. Die Wahrscheinlickeiten geben dabei recht genau die von Morphosys/Tufts genannten Werte wieder.


  • Meilensteinsummen: Meilenstein-Summe der für einen Übergang verbucht werden kann. Dabei wird geschätzt, dass für neu gestartete Projekte 0,6 Mio €, für einen Übergang in die Präklinik 0,4 Mio €, für einen Phase I Start 1,3 Mio €, für einen Phase III Start 3,5 Mio € und für die Zulassung eines Projekts 4,5 Mio € fällig werden. Dies enspricht in Summe der Range, die die Firma als Meilensteinsumme über die gesamte Projektlaufzeit angibt (9-12 Mio €). Basis für die Betrachtung sind hier Antikörperprogramme, nicht Indikationen oder klinische Studien. Im Zweifelsfalle gilt die am weitesten fortgeschrittene Indikation.


  • Verteilungskurven und Höhe von Medikamentenverkäufen: Die Verteilung der Verkäufe des Blockbusters Rituxan über die Jahre dient als Schablone für die Verteilungskurve angenommener Verkäufe (Höhe und Verlauf der Verkäufe über den Produktlebenszyklus) der Produkte, die durch die Partnerpipeline verkauft werden. Die Bedingungen bezüglich der Höhe der Medikamentenverkäufe, Regulatorien für die klinische Entwicklung usw. werden für die nächsten 20 Jahre als unverändert betrachtet. Medikamentenverkäufe werden auf 20 Jahre Dauer anhand von 10 vordefinierten Verteilungskurven unterschiedlicher Peakhöhe erstellt und per Zufall Produkten zugeordnet, die im Modell die Zulassung erreichen. Jede der 10 Kurven ist dabei gleichwahrscheinlich und wird im Simulationslauf einem Produkt bei Zulassungserfolg per Zufallsgenerator zugewiesen. Dabei ist ein Blockbuster mit 2Mrd USD Peaksales dabei, ein Produkt mit Peaksales von 600Mio USD, ein Produkt mit 400Mio USD Peaksales, ein Produkt mit 300Mio, zwei Produkte mit 200 Mio USD Peaksales, zwei Produkte mit 100Mio USD Peaksales und zwei Produkte mit 50 Mio USD Peaksales. Das macht im Schnitt pro Medikament ein durchschnittliches Peaksales Potential von 400Mio USD. Morphosys erhält auf den Umsatz eines Projektes im Modell 5% Royalties ("mid-single digits").

  • Pipelinestand: Es wird der aktuelle zum 31.12.2008 gemeldete Pipelinestand zur Berechnung verwendet. Zusätzlich wird von 15 neuen Programmstarts pro Jahr bis ins Jahr 2020 ausgegangen. Für den überwiegenden Teil der Pipeline ist nur der aktuelle Status und die Menge bekannt, für Projekte in der Klinik allerdings auch die exakten Eintrittstermine, die im Modell für die beiden Phase II Projekte verwendet werden.
  • Plattform und Zufallsgenerator: Als Berechnungsplattform wurde eine Oracle 10g Datenbank und PL/SQL verwendet. Der Zufallsgenerator wurde mit Hilfe des Built-In Packages dbms_random gebaut. Der Zufallsgenerator liefert dabei unabhängige Zufallszahlen.

(wird forgesetzt)

Blog-Ziele

Hallo!

Hier entsteht ein Blog zur Analyse von Antikörperfirmen, die sich im therapeutischen Bereich betätigen. Im Mittelpunkt steht die Analyse von Firmen, die im zukünftigen Wachstumsmarkt der therapeutischen Antikörper voraussichtlich eine Rolle spielen werden. Die Betrachtung erfolgt aus der Sichtweise eines (potentiellen) Investors.

Viel Spaß,
Ville